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Altwindeck, Burgwiese 14, Caminneci 1945

Text | Dorfgeschichten | 03.06.2024

Erinnerungen von Beatrix zu Sayn-Wittgenstein (geb. von Eichel) Hamburg im Juni 2019

Als meine Mutter Nora von Eichel, geb. Caminneci, meine Großmutter Tilda Caminneci, geb. von Siemens, und ich als Flüchtlinge aus Hinterpommern (Zetthun, Kreis Köslin) nach Windeck (heute Altwindeck) kamen, fühlten wir uns nicht ganz so verzweifelt wie andere Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten.

Wir kamen in die Heimat meines Großvaters Oscar Caminneci, der am 9. März 1945 im KZ Mauthausen in Österreich zu Tode gekommen war. Ein alter Freund unserer Familie, Hans-Georg von der Pahlen, hatte uns drei, aus Schleswig-Holstein kommend, am 25./26. Juli 1945 mit einem Lastwagen mit Holz-Generator zur Familie von Waldemar Caminneci, dem Bruder meines Großvaters Oscar, zur Burg Dattenfeld, gebracht. Die Burg war jedoch von der amerikanischen Besatzung beschlagnahmt, die Familie des Großonkels des Hauses verwiesen und in das familieneigene Landhaus „Burgwiese“ in Windeck (heute Altwindeck) umgezogen. So wurden auch wir in der „Burgwiese“ untergebracht und wohnten fortan mit der Familie des schwer erkrankten Großonkels Waldemar, seiner Frau Julie sowie Onkel Manfred und Tante Vera und der Familie Ottersbach unter einem Dach. Wir wurden begleitet von Gerda Bressler aus Zetthun, später verheiratete Busch in Oberwindeck. Damals war ich gerade drei Jahre alt und bemerkte von der Trauer und den Verlusten meiner Mutter wenig. Wir waren evangelisch und in der 2. Klasse bei Lehrer Portugall hatten wir alle Kommunionsunterricht. Ich war sehr traurig, nicht mit meinen Klassenkameradinnen zur 1. Hl. Kommunion gehen zu können. Da ich ja immer mit ihnen in die Kirche nach Dattenfeld ging, verstand ich es auch nicht. Aber Gerda Bressler wusste Abhilfe: Sie war von Beruf Schneiderin und nähte mir ein wunderschönes weißes Kleid, auch ein Haarkränzchen war dabei. So konnte ich mit meinen Freundinnen bei der Fronleichnamsprozession mitgehen. Ich fühlte mich nun immer seit diesen Jugend-/ Kindheitserinnerungen der katholischen Heimat meiner Familie zugehörig. Als ich 9 Jahre alt war, kam mein Vater Otto erst aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück und wir zogen 1951 nach Schleswig-Holstein. Durch die Jahre meiner Kindheit im Siegkreis blieb ich der Heimat meiner Ahnen bis heute sehr verbunden, fühlte mich auch immer „sehr katholisch“. Mit 22 Jahren bin ich sicher auch durch diese Erinnerungen an diese Zeit und Gerdas weißes Kleid zum katholischen Glauben übergetreten. Für mich ist auch immer noch das Kapellchen in Windeck ein wichtiger Erinnerungsort. Vor vielen Jahren kam ich auch zu einer Jubiläumsfeier dorthin.

Erschienen in der Däller Rundschau im August 2019 – wenig später ist die Autorin verstorben


Burgwiese 14